Chronik St. Michael

Zum 25. jährigen Bestehen von St. Michael in Nordstemmen am 30. Januar 1996 wurde von der Pfarrgemeinde eine Festschrift herausgegeben, die das Entstehen und den Werdegang der Pfarrgemeinde darstellt. Für Geschichtsinteressierte werden Inhalte dieser Festschrift wiedergeben.

Initiator und wesentlicher Autor der Festschrift war der langjährige Küster und Organist Karl Kirsch, der damals das alte Pfarrhaus der Poppenburg bewohnte. Die Umsetzung für den Druck wurde durch Matthias Pollok vorgenommen, der nun auch die Inhalte für unseren Internet-Auftritt zur Verfügung stellte.

Viel Spaß beim Stöbern.

1. Ein Wort zuvor - von Pfarrer Malich

Liebe Gemeinde!

In der vorliegenden Festschrift, für die wir Herrn Karl Kirsch als Verfasser gewinnen konnten, wird die 25jährige Geschichte unserer Kirche und Gemeinde, herauskommend von St. Joseph Poppenburg zur Gemeinde St. Michael Nordstemmen, in wesentlichen Zügen festgehalten.

Das Haus aus Stein ist nur ein Bild für das geistige Haus. Im 1. Petrusbrief lesen wir: „Laßt euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1. Petr. 2,5).

Drei Dinge sind sowohl für den Aufbau des Hauses aus Stein als auch für die Errichtung des geistigen Hauses notwendig: das Fundament, die tragenden Säulen und die mittragenden Wände.

Der Eckstein und das Fundament, auf dem die Kirche steht, ist und bleibt Jesus Christus. Sind es heute nicht viele, die am Wort Christi, an seinen Forderungen Anstoß nehmen ? Sind wir nicht alle in Gefahr, sein Wort und seinen Willen nach unserem Zeitgeschmack zurechtzubiegen ?

Außer dem Fundament sind es die Säulen und Pfeiler, die den ganzen Bau stützen. Christus hat die zwölf Apostel als Säulen seiner Kirche erwählt und gesagt: „Wer euch hört, der hört mich“ (Lk. 10,16). Und von Anfang an galt: „Wo Petrus, wo die Apostel, da ist Kirche.“ Gemeinde Jesu Christi können wir nur sein, wenn wir Gemeinschaft haben mit den Nachfolgern der Apostel und des Petrus, mit unserem Bischof, mit den Bischöfen der Welt, mit dem Papst.

Und ein Drittes ist notwendig, um ein Gotteshaus zu vollenden: da sind die mittragenden Wände, die Fenster, Steine und das Holz. Farbe und vieles mehr macht erst das Gotteshaus lebendig. Das gleiche gilt auch für den Aufbau der Gemeinde.

Im zweiten Bernwardsbrief schreibt unser Bischof: „Alle sind von Gott berufen, die Gemeinschaft der Glaubenden zu bilden und das Leben zu teilen. Alle sind von Gott gerufen Kirche zu sein und - an der neuen Art Kirche zu sein, verantwortlich mitzuarbeiten.“

In Dankbarkeit gedenken wir aller Mitglieder unserer Pfarrgemeinde, die vor 25 Jahren mutig den Neuanfang gewagt haben, Dank den Seelsorgern dieser Gemeinde, Dank den Frauen und Männern, den Jugendlichen für ihr Zeugnis zu Christus und seiner Kirche.

Nehmen wir darum das Geschenk der 25 Jahre als Vermächtnis und als Auftrag an, auch in Zukunft an unserer Kirche, an unserer Pfarrgemeinde St. Michael weiterzubauen,

Ihr Pfarrer

Josef Malich

2. Liebe St. Michaels-Kirche - ein Glückwunsch des Küster-Ehepaares Kirsch

Liebe St. Michaels-Kirche!

In diesem Jahr begehst Du einen ganz besonderen Geburtstag: Du wirst 25 Jahre alt. Für uns, Deine Gemeinde, ein Anlaß, fröhlich zu feiern. Über das ganze Jahr verteilt finden Gottesdienste und Veran­staltungen statt. Die meisten stellen Dich direkt in den Mittelpunkt. 

Mit den Geburtstagsgeschenken ist es recht schwer. Ein Geschenk ist, daß wir uns an Deinem Weihetag bei Dir versammeln, um mit Dir Gott zu danken. Wir werden auch bei Dir ein fröhliches Sommerfest feiern, eine tolle Geburtstagsfete mit Kinderspielen und Musik, mit gutem Essen und viel Fröhlichkeit.

Es sind dann viele Besucher hier, Deine Geburtstagsgäste, die Deinetwegen angereist sind. Sicher wirst Du unter den Gästen viele „Ehemalige“ erkennen. Aus den neuen Siedlungsgebieten des Dorfes lernst Du neue Freunde kennen. Deshalb feiern wir auch direkt um Dich herum.

Bei uns Menschen ist es üblich, daß man bei einem Jubiläum Rückschau hält. Erinnerungen werden wach, man kramt sie aus der hintersten Ecke hervor und fragt: „Weißt Du noch?“ Viele von uns waren bei „Deiner Geburt“ dabei, haben Dich wachsen sehen, bis Du Deine stattliche Größe erreicht hast. Erinnerst Du Dich noch daran, wie Du ganz klein als Grundstein angefangen hast?

Damals sah es um Dich herum noch ganz anders aus. Auf gutes Ackerland hat man Dich gebaut, mit freiem Blick. Heute bist Du von schmucken Häusern umgeben. Eine breite Straße führt zu Dir. Aber Du bist der Mittelpunkt der Siedlung „Im Schratfeld“ geworden. Mit Deinen 25 Jahres stehst Du jetzt im besten Mannesalter - oder im attraktiven Alter einer Frau.

Mit uns, Deiner Gemeinde, hattest Du viele Erlebnisse, angefangen bei Deiner Weihe im Jahr 1971 durch den damaligen Bischof Heinrich Maria Janssen.

Viele, die damals den ersten Gottesdienst mit Dir gefeiert haben, sind inzwischen verstorben. Eine neue Generation ist herangewachsen, und viele Gemeindemitglieder sind zugezogen. Heute wie damals kommen die Menschen zu Dir, glücklich oder traurig.

Die Gottesdienste sind für Dich sicherlich alltägliche Routine, aber an Feierlichkeiten kannst Du Dich bestimmt erinnern. Am schönsten sind die fröhlichen Feiern. Wie viele Hochzeiten hast Du schon miterlebt, hast Dich über Taufen, Erstkommunionfeiern und Firmungen gefreut? Die bunten Nachmittage am Fronleichnamstag und die Jubiläen der Vereine und Gruppen dürfen wir auch nicht vergessen. Oft wurde - und wird auch in Zukunft - in Deinem Garten weitergefeiert.

Und wieviel Tragisches mußtest Du miterleben, wieviel Trauer, Verzweiflung und Enttäuschung. Der Tod riß den ersten Pfarrer so früh aus unserer Mitte. Warum so früh?

Aber Du mußt es ertragen, daß die unzähligen Beter ihre Sorgen und Nöte zu Dir tragen und sich in Deinen Bänken Trost und Hilfe erhoffen.

Wir brauchen und wir lieben Dich. Bei Dir finden wir Ruhe, spüren Gottes Nähe. Zu Dir können wir kommen mit unserer Freude und unserem Dank, mit Enttäuschungen und Sorgen. Im Gottesdienst können wir, Deine Gemeinde, Gott loben und zu ihm beten, weil wir uns bei Dir treffen dürfen.

Liebe St. Michaels-Kirche, wir wünschen Dir von ganzem Herzen, daß Du noch viele Generationen von Christen in Nordstemmen erleben wirst, die Dich als ihre Kirche, ihr Gotteshaus, schätzen lernen,

Deine Küsterfamilie

Anneliese und Karl Kirsch

3. Ein Rückblick: Die Amtspfarrei Poppenburg

Die Amtspfarrei Poppenburg

Die Geschichte der katholischen Kirche im Raum Nordstemmen ist auf das Engste verknüpft mit der Geschichte der Poppenburg. Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts bildete die Leine für weite Strecken die Grenze zwischen dem Bistum Hildesheim und dem Herzogtum Calenberg.

Der politische Ausgang der Hildesheimer Stiftsfehde (1519 - 1523) veränderte die Grenzen des Bistums. Die Herzöge von Wolfenbüttel und Calenberg konnten den größten Teil des Hochstiftes Hildesheim in ihren Besitz bringen. Das Amt Poppenburg fiel an Herzog Erich I. von Calenberg und blieb über hundert Jahre in welfischen Besitz.

Nach dem Tode Erichs I. übernahm die Herzogin Elisabeth von 1540 - 1546 die Regentschaft für ihren noch unmündigen Sohn Erich II. Elisabeth bekannte sich zur evangelischen Lehre, rief den hessischen Pfarrer Antonius Corvinus in ihr Land und ernannte ihn zum Superintendenten von Pattensen.

Corvinus arbeitete die Evangelischen Kirchenordnungen für die Städte Northeim und Hildesheim sowie 1542 für das Herzogtum Calenberg aus. Auf Anordnung der Herzogin Elisabeth unternahm Corvinus 1542/43 eine Visitationsreise durch das Land. Er besuchte die Städte, Klöster und Dörfer, ordnete die Vermögensverhältnisse der Pfarrkirchen, lehrte und ermahnte die Pastoren zur Beachtung der neuen Kirchenordnung.

Während die Städte selbständig die Reformation einführten, besaß die Dorfbevölkerung keinerlei Entscheidungsfreiheit. Die Dörfer unterstanden dem Amtmann, der seinem Landesherrn Rechenschaft schuldete. So vollzog sich die Reformation auf dem Lande auf Anordnung der weltlichen Obrigkeit. Die bisherigen katholischen Pastoren fügten sich den Anordnungen der Obrigkeit. Das katholische Leben im Amtsbezirk Poppenburg erlosch.

Mitten in den Wirren des 30jährigen Krieges trat eine Veränderung ein, die weitreichende Folgen für die Bevölkerung mit sich brachte.

Dem Bischof von Hildesheim wurden 1629 durch Urteil des Reichskammergerichtes die in der Stiftsfehde entrissenen Ämter wieder zugesprochen. Das Amt Poppenburg kam aus calenbergischen Besitz in das Fürstentum Hildesheim zurück.

Unverzüglich bildete die stiftshildesheimische Regierung drei Kommissionen, die die Besitznahme des Landes vornahmen. Am 9. Januar 1630 reiste eine Kommission von Hildesheim über Gronau zur Poppenburg. Der evangelische Amtmann Johann Rodtschröder wurde abgesetzt, und der aus Köln stammende katholische Amtmann Johann Vorst übernahm die Amtmannsstelle. Mit dem Wechsel der Landeshoheit bahnte sich auch der Versuch eines Religionswechsels an. Der evangelische Pastor Jacob Schwan mußte 1630 sein Pfarrhaus in Burgstemmen verlassen. Den Nordstemmer Pastor Johannes Jahns traf das gleiche Schicksal. Der Hildesheimer Priester Rupertus Citius übernahm als neuer katholischer Pastor die Pfarren in Burgstemmen und Nordstemmen.

Beim Einrücken der schwedischen und der Braunschweiger Truppen flohen Johann Vorst und der katholische Pastor Citius nach Hildesheim, um sich hinter den schützenden Mauern der Stadt in Sicherheit zu bringen. Der erste Versuch einer Rekatholisierung war gescheitert.

Der am 14./24. Oktober 1648 ausgehandelte Westfälische Friedensvertrag legte nicht nur die Grenzen der Territorien fest, sondern regelte auch die Religionszugehörigkeit der Untertanen. Das Bistum Hildesheim blieb in dem 1643 festgesetzten Umfang bestehen. Für die Konfessionszugehörigkeit der Einwohner galt das Normaljahr 1624. Die Einwohner der damals lutherischen Dörfer blieben auch im katholischen Hochstift bei ihrem Glauben. Das landesherrliche „Jus reformandi“ war damit außer Kraft gesetzt.

Nach dem Tode des Johann von Vorst bekam sein Sohn Johann Nikolaus im Oktober 1643 die Amtmannsstelle auf der Poppenburg übertragen. Nur wenige katholische Familien wohnten in jener Zeit im Amtsbezirk; sie standen in Diensten des Amtmannes von Vorst.

Johann Nikolaus von Vorst setzte sich tatkräftig für den wirtschaftlichen Wiederaufbau ein, dachte aber auch an die seelsorgliche Betreuung der wenigen Katholiken. Im Wohnflügel der Burg ließ er ein Zimmer zur Kapelle ausbauen. Auf seine Bitten hin kamen Jesuitenpatres aus Hildesheim an allen Sonn- und Feiertagen zur Poppenburg und feierten mit der kleinen Schar das hl. Meßopfer.

Aus seinem Privatvermögen stattete Johann Nikolaus von Vorst die Hauskapelle mit Kelch, Meßgewändern und Paramenten aus. Er besorgte Wein und Hostien zum Gottesdienst. Auf der Poppenburg entstand so die erste katholische Amtspfarrei im Leinetal. Es war die Geburtsstunde der Pfarrei St. Joseph.

Als Fürstbischof Maximilian Heinrich 1657 den katholischen Gottesdienst auf den Amtshäusern anordnete, führten die Jesuiten bereits seit 13 Jahren das Kirchenbuch der Amtspfarrei Poppenburg. Voller Stolz konnte Amtmann von Vorst der bischöflichen Regierung berichten: 

„Den Gottes Dienst auffm Ambte hab ich allererst und zwar auff meine Unkosten auff einer Cammer angefangen. Im gleichen hab Hostien, Wein und Lichter und waß sonst nöthig gewesen, nebst allen auff hiesiger Capell vorhandenen paramenten, wie dieselben auch sein mögen, auß meinen mitteln angeschafft.“

Das Kirchenbuch Poppenburg beginnt mit einer Taufeintragung. Am 2. Ostertag 1644 wurde der Sohn des Amtsvogtes Heinrich Dannhausen auf den Namen Johann Nikolaus getauft. Taufpaten waren der Amtmann Johann Nikolaus von Vorst und der Amtsschreiber Augustinus Otten.

Am 7. Juni 1651 fand die erste Bittprozession durch die Feldflur Burgstemmens statt. Für die evangelische Dorfbevölkerung war es sicherlich ein ungewohnter Anblick. Das Kirchenbuch berichtet dazu: „Gott hat geholfen, denn niemals ist besseres Getreide in dieser Diözese gewachsen als in jenem Jahr, und weniger Menschen kamen durch Raubüberfälle ums Leben“

Fünf Jahre später, 1656, wurde unter großer Beteiligung die erste Fronleichnamsprozession abgehalten, Acht weißgekleidete Mädchen trugen die Statue der Muttergottes, die Amtmann von Vorst gestiftet hatte. Sechs Musiker begleiteten den Gesang der Gläubigen, und beim Segen mit dem Allerheiligsten schossen die Soldaten auf der Burg Salut. Die Glocken der Burgstemmer und Nordstemmer Kirche läuteten während der Prozession; ein Brauch, der bis 1839 gepflegt wurde.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wuchs die Gemeinde durch den Zuzug katholischer Händler aus dem Raum Köln und Lüttich.

Im Kirchenbuch wird ihre Herkunft mit Brabantinus, Belgicus, Leodiniensis (Lüttich) oder Gelderlandanus (Geldern) bezeichnet. 1701 wohnten 95 Katholiken in Burgstemmen/Poppenburg.

In Nordstemmen zählte man 14 Erwachsene und 7 Kinder, die katholisch waren. In den Dörfern des Amtsbezirkes lebten insgesamt 195 Katholiken.

Das Leben des Amtspastors auf der Poppenburg war hart und beschwerlich. Die weiten Wege zu den zerstreut wohnenden katholischen Familien erschwerte die Seelsorgearbeit. Ein ständiger Wechsel der Pastoren war die Folge dieser mühsamen Betreuung.

Der katholische Pastor besaß als Wohnung nur ein kleines Zimmer im Wohnflügel der Burg. Zum Lebensunterhalt erhielt er Naturalien und das geringe Entgelt einer aufgehobenen Dienststelle in der Amtsverwaltung. Die täglichen Mahlzeiten nahm der Pastor als „Gnadentafel“ am Tisch der Amtmannsfamilie ein.

Bis 1664 betreuten die Jesuitenpatres aus Hildesheim die Pfarrstelle auf der Poppenburg. Ihnen folgten die Benediktiner des Klosters St. Godehard zu Hildesheim und ab 1683 die Dominikaner des Klosters in Gronau, von denen ein Pater als Amtspastor auf der Burg wohnte.

Zu Beschwerden kam es, als der Dominikanerpater Norbert Hüsser Hausbesuche bei den lutherischen Einwohnern der Dörfer vornahm und 23 Erwachsene während seiner Amtszeit (1711 - 1739) konvertierten.

Die kleine Hauskapelle im Wohnflügel der Burg reichte nicht mehr, um die Zahl der Gläubigen zu den Sonntagsgottesdiensten aufzunehmen. Die 1654 erbaute Kapelle im Burghof erwies sich als Fehlplanung, denn 30 Jahre später wurde eine neue Kapelle eingeweiht, zu deren Schutzpatron man den hl. Joseph wählte.

Um 1770 ließ die fürstbischöfliche Regierung mehrere Baumaßnahmen auf der Poppenburg durchführen. Auf dem Amtshof entstand ein neues Brauhaus, und man verlegte die Brauerei aus dem alten Pallas in das neuerbaute Gebäude. Da der Pallas nicht mehr genutzt wurde, wandte sich der Pastor Gregor Schneider mit der Bitte an die Regierung, das Burggebäude zur Kirche umzubauen. Maurer brachen neue Eingänge und große Fenster in die 2,20 m starken, mittelalterlichen Mauerwände. Durch Entfernen der Zwischendecken entstand ein hoher, heller Kirchenraum. Nach einjähriger Arbeit war der Umbau vollendet. Am 6. August 1786 weihte Pastor Gregor Schneider die neue Kirche und stellte sie unter den Schutz des hl. Josephs, des Patrons der alten Kapelle. Den Barockaltar erhielt die Kirche aus dem aufgelösten Jesuitenkolleg zu Hildesheim.

Zur Pfarrei Poppenburg zählten die Katholiken aus rund 20 Dörfern der näheren Umgebung. Neben der Familie des Amtmanns Pfingsthorn, des Amtsschreibers Dannhausen und der Amtsbediensteten bestand die Gemeinde überwiegend aus kleinen Handwerkern und Tagelöhnern, die auf dem Gutshof Arbeit fanden.

Nach der Säkularisation 1803 blieb die Pfarrei auf der Poppenburg weiterhin bestehen, doch war jetzt der Staat Eigentümer von Kirche und Pfarrhaus. Die Amtsbediensteten wurden entlassen und das Amt Poppenburg mit Gronau vereinigt. Die katholische Kirche sah sich nun ihrer Führungsstellung beraubt. Die Regierung bestimmte, und Pastor Schneider sah sich plötzlich in der ungewohnten Lage, die Kirchenrechnung peinlich genau der preußischen Verwaltung vorzulegen. Selbst die kleinste Ausgabe mußte mit unterschriebenem Beleg nachgewiesen werden.

Fürstbistum Hildesheim, Preußen, Königreich Westphalen, Königreich Hannover - die Dienstsiegel wechselten ständig ihr Aussehen, nur das Kirchensiegel „St. Joseph Poppenburg“ veränderte sich nicht.

Die staatliche Aufsicht über die Gebäude führte bald zu Streitigkeiten bei Renovierungsarbeiten und der Unterhaltungspflicht der Orgel. Das Gewohnheitsrecht des Prozessionsweges über den Burghof (seit 1656) mußte mit einer Klage beim Amtsgericht erzwungen werden.

Der Kulturkampf des preußischen Staates gegen die katholische Kirche verschärfte die Spannungen. Die katholische Volksschule wurde vorübergehend geschlossen. Das Pfarrhaus mußte geräumt werden, und der Pastor Wilhelm Ludewig nahm eine Wohnung in Burgstemmen. Erst nach Aufhebung des Sperrgesetzes für das Bistum Hildesheim 1883 konnte ein Jahr später Pastor Ludewig das Pfarrhaus wieder beziehen.

Mit dem Gesetz vom 20. Juni 1875 ordnete die Regierung die Wahl von Kirchenvorständen an, die die Verwaltung des kirchlichen Vermögens übernahmen. Die Wahlvorschriften der kommunalen Wahlen übertrug der Staat auch in den kirchlichen Bereich. Das aktive und passive Wahlrecht besaßen nur Gewerbetreibende und Haus- und Grundbesitzer, die Steuern zahlten. Arbeiter, Tagelöhner und Frauen hatten kein Stimmrecht. Nur acht Männer aus der Pfarrei gaben bei der ersten Kirchenvorstandswahl ihre Stimme ab und wählten die vier Kirchenvorsteher    

Franz Wächter, Burgstemmen
Franz Veuskens, Nordstemmen
Fritz Suhle, Mahlerten
Ludwig Wedekin, Mahlerten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte die Pfarrei Poppenburg ca. 400 Seelen, davon wohnten 80 Katholiken in Burgstemmen / Poppenburg. In den Sommermonaten kamen jährlich etwa 320 polnische katholische Frauen und Männer in die Dörfer, um bei den Bauern und auf dem Domänenhof die Feldarbeit zu verrichten. Das Übergewicht der polnischen Sprache und Mentalität führte oft zu Spannungen in der Pfarrei. Am 1. Juni 1911 übernahm Pastor Augustin Frohns im Alter von 41 Jahren die Pfarrei. Er beherrschte die polnische und russische Sprache und war durch sein ausgleichendes Wesen bestens geeignet, diese ungewöhnliche Pfarrei zu leiten. Das spätere gute Einvernahmen zwischen den Einheimischen und den polnischen Landarbeitern fand seinen Ausdruck in einer Sammlung unter den Saisonarbeitern. Für die gesammelten 400 Mark schenkten sie der Kirche die holzgeschnitzte Marienfigur, die noch heute die St. Josephs-Kirche ziert. Pastor Augustin Frohns trat im Kaiserreich die Pfarrstelle an, spürte die Not des 1. Weltkrieges und die Diktatur des Nationalsozialismus. Er erlebte die Schließung der Katholischen Volksschule und den Ausbruch des 2. Weltkrieges. Wegen seiner Sprachkenntnisse galt er als verdächtige Person und wurde mehr­mals von der Gestapo verhört, bevor er 1942 in den Ruhestand trat.

Sein Nachfolger, Pfarrer Franz Grobecker, stand vor der schwierigen Aufgabe, in der Nachkriegszeit die Seelsorge des Pfarrbezirks neu zu ordnen. Durch den Zustrom der Flüchtlinge entstand aus der kleinen, überschaubaren Pfarrei eine Diasporagemeinde von 2750 Katholiken.

Die Kirche stand vor einer großen Aufgabe. Der Krieg hatte die Welt verändert.

4. Nur ein Foto? - Erinnerung an Pfarrer Bothe

Ich blättere gern in alten Fotoalben, schaue mir die vergilbten Bilder an und denke an vergangene Zeiten.

Diese Gruppenaufnahme ist 60 Jahre alt: der 2. Pfingsttag 1936 auf der Poppenburg. Die Gemeinde begeht das 150. Kirchweihfest ihrer St. Josephs-Kirche. Vor 25 Jahren übernahm ihr Pastor Augustin Frohns die Pfarrstelle, ein Festtag für die Pfarrgemeinde.

Es wird viel gefeiert in diesem Jahr. Der 1. Mai, Tag der Arbeit. Ein Festumzug bewegt sich durch das Dorf, kernige Ansprachen werden gehalten. Anschließend trifft man sich im Gasthaus beim Glas Bier.

In Berlin treffen sich die Sportler der Welt zu den Olympischen Spielen. 28 mal Gold für Deutschland! Die Bevölkerung jubelt und feiert.

Und die Kirche feiert auch.

Der Franziskanerpater Karl aus dem Kloster Ottbergen, ein gewaltiger Prediger vor dem Herrn, hält eine Mission. „Damit auch die Herzen der Pfarrangehörigen würdig zum Jubiläum vorbereitet würden, hielt uns Pater Karl von Ottbergen an den Pfingsttagen in eindrucksvoller Weise eine kleine Mission, die uns unvergeßlich bleiben wird. In 7 Predigten zeigte uns der Festprediger, was uns das Gotteshaus ist“, berichtet später das Katholische Kirchenblatt darüber.

Der 2. Pfingsttag steht im Zeichen des 25. Ortsjubiläums des Pastors. Levitenamt, Weihrauch und brausende Orgelklänge. Auch die Kirche versteht zu feiern.

Nach dem Festhochamt wird das Pressefoto gemacht, nur das Wort kennt man noch nicht. 

„Hei het seck affniehm loaten“, sagen die Kirchgänger, die an der Ecke zuschauen. 

In der Mitte des Bildes sitzt der Jubilar, barockes Samtmeßgewand, Manipel, Birett. Ein wenig ängstlich blickt er drein, der gute alte Frohns. Schon den 1. Weltkrieg erlebte er in der Pfarrei und später die Wirren der Weimarer Republik. Denkt er an die Zukunft ? In drei Jahren werden wieder Männer seiner Pfarrei auf den Schlachtfeldern eines neuen Weltkrieges verbluten. Die gefürchtete Gestapo wird ihn Verhören unterziehen, bis Augustin Frohns aufgibt und in den Ruhestand geht. Aber noch scheint die Pfingstsonne des Jahres 1936.

An seiner rechten Seite steht Pater Karl, der Festredner. Er lächelt zufrieden und ist von der Wirkung seiner Predigten überzeugt. Neben Pater Karl steht der Theologiestudent Rudolf Tönnies, ein Sohn des Lehrers und Organisten. Er ist jetzt 25 Jahre jung. In zwei Jahren wird er in der St. Cyriakuskirche zu Duderstadt die Priesterweihe empfangen. Er weiß noch nicht, wie weit sich das Bistum Hildesheim erstreckt. Groß Giesen, Nesselröden, Helmstedt, Burgdorf, Nörten-Hardenberg, Bolzum und Hannover-Döhren lernt er als Seelsorger kennen. Der Weinberg Gottes ist groß und steinig.

Mit ernstem Gesicht blickt uns Pastor Christoph Kayser aus Dinklar an. Dem Stadtmenschen gibt der Bischof ein reiches Stiftsdorf, dessen spitzer Kirchturm hoch in den Himmel ragt. Das Sprachgenie Frohns schickt der Bischof in eine arme Diasporagemeinde auf die Poppenburg. „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken“, sagt Christus.

Rechts im Bild reibt sich der Diakon Karl Bothe verkrampft die Hände. Vom Bahnhof Poppenburg kommend hatte er sich verlaufen. Die steile Treppe, die den Berg hinaufführt, übersah er. Fast wäre er zu spät zum Festhochamt gekommen. „Lieber Gott, schick mich überall hin, nur nicht zur Poppenburg“, betete er im Laufschritt zur Kirche. Aber Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade.

1957 ernannte ihn der Bischof zum Pfarrer der St. Josephs-Pfarrei Poppenburg. 14 Jahre wirkte er segensreich in der Gemeinde. Unter seiner Leitung entstanden die Kirchbauten in Schulenburg und Nordstemmen. Die Früchte seiner Arbeit durfte er nicht mehr ernten. Wenige Monate nach der Fertigstellung der St. Michaels-Kirche in Nordstemmen starb Pfarrer Bothe. Auf seinen Wunsch hin fand er auf dem Friedhof Poppenburg seine letzte Ruhestätte.

Nun feiert die Gemeinde wieder: 25 Jahre Kirchweih St. Michael Nordstemmen. 

Ein Fotograf ist sicherlich wieder dabei.

5. Und dann kamen die Flüchtlinge - Bedarf für eine neue Kirche

Die Explosion war nicht zu überhören, als am 6. April 1945 deutsche Soldaten die Eisenbahnbrücke über die Leine sprengten. Übermüdete, abgekämpfte deutsche Soldaten zogen auf den Landstraßen in Richtung Hildesheim. Jedermann spürte, es ist soweit. Am 7. April fuhren amerikanische Panzer durch Burgstemmen und Nordstemmen. Amerikanische Truppen besetzten die Dörfer. Für die Dorfbevölkerung war der Krieg zu Ende.

Die Folgen des Krieges spürte jeder. 19 Gefallene hatte die Pfarrgemeinde zu beklagen. Viele Männer galten als vermißt; alle deutschen Soldaten kamen in die Gefangenenlager.

In den nachfolgenden Monaten standen die Bürgermeister vor der schwierigsten Aufgabenbewältigung. Bereits im Sommer 1945 kamen die ersten Flüchtlingsfamilien in unsere Dörfer. Völlig unvorbereitet sahen sich die Gemeindevertreter gezwungen, neben den Evakuierten aus dem Ruhrgebiet auch für diese Familien Wohnraum bereitzustellen. Bald setzten die großen Ströme der Vertriebenen ein, als die Polen Tausende Deutscher aus ihrer angestammten Heimat auswiesen. Rumänien und die Tschechoslowakei folgten dem Beispiel. Täglich trafen neue Transporte mit Ausgewiesenen und Flüchtlingen in den Dörfern ein, für die Nahrungsmittel und Wohnraum beschafft werden mußte. Nach dem Besuch beim Wohnungsausschuß suchten viele verzweifelte Flüchtlingsmütter die Pfarrer als erste Ansprechpartner auf, um Hilfe in ihrer Notlage zu suchen.

Zählte der Seelsorgebezirk Poppenburg im Jahre 1944 ca. 450 Katholiken, so stieg die Zahl durch Zuzug der Evakuierten und Flüchtlinge auf 2750 an. Im Juli 1947 wohnten in den Dörfern der Pfarrei Poppenburg 2137 Katholiken, dazu wurde der Bereich Eldagsen/Bennigsen mit zusätzlich ca. 650 Katholiken seelsorglich betreut.

Die Pfarrei St. Joseph Poppenburg bestand in jenem Jahr aus:

  • 1308 Flüchtlingen und Vertriebenen
  • 283 Evakuierten
  • 546 Einheimischen.

Durch die Zusammenführung von Familien, die Suche nach einer Wohnung oder Arbeitsstelle, wechselte ein Teil der Bevölkerung fortlaufend seinen Wohnort. Die Einwohnerlisten schwankten von Monat zu Monat. Die angegebenen Zahlen der katholischen Bevölkerung beruhen teilweise auf Schätzwerten des Pfarrers Franz Grobecker.

Die kleine St. Josephs-Kirche konnte die Zahl der Gläubigen nicht fassen, die nach langem Fußmarsch aus den umliegenden Dörfern zum Gottesdienst kamen. Durch Pfarrer Franz Grobecker wurden daher schwerpunktmäßig Gottesdienststationen eingerichtet, um den Gläubigen den Gottesdienstbesuch an den Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen. In Schulenburg trafen sich an jedem 1. Sonntag im Monat die Katholiken um 15 Uhr zum Gottesdienst in der evangelischen Kirche.

In Rössing wurde zuerst im Saal einer Gaststätte, später in der evangelischen Kirche an jedem 2. und 4. Sonntag im Monat um 13 Uhr der Gottesdienst gefeiert. In Adensen fand an jedem 3. Sonntag um 15 Uhr der katholische Gottesdienst in der evangelischen Kirche statt.

Der Sonntag, der Tag des Herrn, sah damit für Pfarrer Grobecker folgendermaßen aus: um 7,30 Uhr und 10 Uhr hl. Messe in St. Joseph Poppenburg. Um 13 Uhr bzw. 15 Uhr Feier der hl. Messe in einer der Außenstationen. In den Monaten Mai und Oktober versammelten sich die Gläubigen um 19,30 Uhr zur Abendandacht auf der Poppenburg. Dazwischen lagen Hausbesuche bei den älteren und kranken Gemeindemitgliedern in den Außenstationen.

Trotz der Gottesdienste in den Außenstationen war die St. Josephs-Kirche auf der Poppenburg an den Sonn- und Feiertagen überfüllt. Die Sitzplätze reichten nicht aus.

Der Kirchenvorstand sah sich deshalb zu Weihnachten 1948 gezwungen, Eintrittskarten für die Christmette auszugeben, da die 120 Sitzplätze schon an den Sonntagen nicht mehr reichten.

Das Jahr 1957 brachte für das Bistum Hildesheim und für die Pfarrei Poppenburg Überraschungen. Heinrich Maria Janssen wurde zum Bischof von Hildesheim gewählt, und Pfarrer Karl Bothe übernahm als neuer Seelsorger die Pfarrei Poppenburg. Beide Seelsorger wußten, wie nötig die Menschen, vor allem die katholischen Heimatvertriebenen, Kirchen und Gemeindezentren brauchten.

Pfarrer Karl Bothe erkannte die Strukturveränderung der Amtspfarrei sofort. Durch die räumliche Enge auf der Poppenburg konnte sich kein Gemeindeleben entfalten. Dazu lag die kleine Pfarrkirche jetzt am Rande des Einzugsbereiches des Pfarrbezirkes.

Pfarrer Bothe dachte an die Zukunft, Auf seine Anregungen hin plante das Bischöfliche Generalvikariat einen Kirchbau in Schulenburg. Am 11. September 1960 erhielt die Hl. Kreuz-Kirche ihre Weihe durch Bischof Heinrich Maria Janssen. Die Katholiken der Dörfer Schulenburg, Jeinsen, Rössing und Thiedenwiese bildeten nun die neue Tochtergemeinde Hl. Kreuz.

Bald kam es zwischen Pfarrer Bothe, dem Kirchenvorstand und dem Pfarrgemeinderat zu Überlegungen, in Nordstemmen ein neues Pfarrzentrum mit Kirche und Pfarrhaus zu errichten und die Pfarrei zu „verlegen“. Durch die verkehrsgünstige Lage, durch Industriebetriebe und mittelständische Handwerksbetriebe entwickelte sich Nordstemmen zum zentralen Mittelpunkt der Dörfer. Neue Siedlungsbetriebe vergrößerten die Einwohnerzahl, während die umliegenden Ortschaften Bevölkerungsabwanderung verzeichneten. Der überwiegende Teil der Gemeindemitglieder wohnte jetzt in Nordstemmen. Daher entschloß sich die Bistumsleitung 1965, in Nordstemmen ein neues katholisches Gotteshaus mit Gemeindezentrum zu erbauen.

6. Der Kirchbauverein

Zu beneiden waren die Mitglieder des Kirchenvorstandes St. Joseph Poppenburg nicht, wenn sie sich zu ihren Sitzungen im Pfarrhaus versammelten. Planungen für die Zukunft, der beschränkte Haushaltsetat und die Frage: „Woher das Geld nehmen ?“, bestimmten die Tagesordnung.

Für den erforderlichen Kirchenbau in Eldagsen kam die Gemeinde Poppenburg mit Geldspenden davon. Den Bau der neuen Kirche in Schulenburg unterstützten viele Gemeindemitglieder durch ihre Mitgliedschaft im Kirchbauverein Schulenburg e. V., der im Januar 1959 gegründet wurde.

Die Poppenburger Kirche war für die vielen Gottesdienstbesucher zu klein. Sie konnte nicht erweitert werden. So wünschten sich die Gemeindemitglieder ein neues Pfarrzentrum in Nordstemmen mit Kirche, Pfarrheim und Pfarrhaus.

Jederman wußte: das kostet Geld, viel Geld! Es blieb nur eine Alternative, um den Kirchbau in Nordstemmen voranzutreiben, die Gründung eines Kirchbauvereins.

In das Protokollbuch des Kirchenvorstandes schrieb Pfarrer Karl Bothe am 24. Februar 1965: „Nach einer ausführlichen Aussprache über den geplanten Kirchbau in Nordstemmen wurde beschlossen, möglichst bald hierfür einen Kirchbauverein zu gründen.“

Die Werbung für eine Mitgliedschaft lief im Sommer an. Am Nikolaustag 1965 versammelten sich mehrere Frauen und Männer, um den „Kirchbauverein Nordstemmen e. V.“ ins Leben zu rufen.

Der hl. Nikolaus konnte an diesem Abend zufrieden sein; die Teilnehmer leisteten ganze Arbeit. Aus den Anwesenden wurden Mitglieder. Eine Satzung wurde beschlossen, der Mindestbeitrag festgesetzt und ein Vorstand gewählt.

Die Satzung bestimmte den jeweiligen Pfarrer zum 1. Vorsitzenden. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wählte die Versammlung Rudolf Laqua. Die Kassengeschäfte des Vereins übernahm Karl Seidler, während Maria Pilarczyk sich für die Mitgliederwerbung einsetzen sollte. Heinrich Dierks übernahm das Amt des Schriftführers. Zu Kassenprüfern beauftragten die Mitglieder Josef Kernbach und Detlef Bock von Wülfingen.

Die Namen von 160 Mitgliedern trug der Kassenwart Karl Seidler im Januar 1966 in das Kassenbuch ein, die bis Ende des Jahres 10 286,- DM an Beiträgen einzahlten. Für das Jahr 1967 konnte er 10 976,- DM an Beiträgen verbuchen.

Zwei Jahre später schickte die Bauabteilung des Bischöflichen Generalvikariats den Finanzierungsplan des Pfarrzentrums, der die Summe von 970.000 DM auswies. Der Finanzierungsplan legte fest, daß die Gemeinde 10 % der Baukosten der Kirche aufzubringen hatte. Zusätzlich war sie verantwortlich für die Beschaffung der Inneneinrichtung.

Die Übernahme des Baukostenanteils erschreckte nicht. Der Vorstand sah am Jahresende, daß die Mitglieder zu ihrer neuen Kirche standen. Die Beitragseinnahmen beliefen sich jährlich auf etwa 10.000 DM, dazu kamen noch hohe, einmalige Spenden.

Der Kirchweihtag am 30. Januar 1971 bestätigte die Mitglieder des Kirchbauvereins in ihrer Überzeugung: es hat sich gelohnt. Zwar lastete noch ein Darlehen auf dem Kirchbauverein, aber die Abtragung war gesichert.

In der Vorstandssitzung am 12. Januar 1976 gab der Kassenwart Karl Seidler einen Überblick über die geleistete Arbeit.

  • An Beiträgen waren in den verflossenen zehn Jahren eingezahlt: 99.872,60 DM.
  • Die Einnahme an Zinsen: 10.741,15 DM 
  • Gesamteinnahme: 110.613,75 DM
  • Die Ausgaben beliefen sich auf: 110.238, 76 DM

Durch einmalige Spenden konnten zusätzlich 80.000 DM für die Inneneinrichtung von Kirche und Pfarrheim bezahlt werden. Der Kirchbauverein umfaßte noch 84 eingetragene Mitglieder. Viele Mitglieder waren verstorben, hatten ihren Wohnort gewechselt, oder waren müde geworden.

Nach zehn Jahren Beitragszahlung, der Abtragung aller Schulden und Verpflichtungen, beschloß die Mitgliederversammlung am 17. Januar 1976 die Auflösung des Kirchbauvereins.

Der damalige Vorsitzende, Pfarrer Johannes Bentfeld, dankte den Mitgliedern für ihre Opferbereitschaft und schrieb der Pfarrgemeinde: „Mit Dank gegen Gott dürfen wir heute feststellen, die Pfarrgemeinde hat ihr Ziel voll und ganz erreicht. Die schöne Kirche steht. Das Pfarrzentrum ist zu einer guten Begegnungsstätte geworden. Wir dürfen heute unserm   unvergeßlichen Seelsorger Karl Bothe in die Ewigkeit nachrufen: Das Ziel ist nicht nur erreicht, Gott hat es auch reichlich gesegnet.“

7. Wir bauen eine Kirche

Nach der Weihe der Schulenburger Hl. Kreuz-Kirche im September 1960 gab es für die Gemeindemitglieder nur einen wichtigen Gesprächsstoff: auch wir brauchen eine neue Kirche. Die räumliche Enge der St. Josephs-Kirche konnte nicht durch einen Anbau behoben werden. Für die Jugend-, Männer- und Frauenarbeit stand nur ein 30 qm großes Zimmer im Pfarrhaus zur Verfügung. Die weiten Wege zur Poppenburg ließen kein Gemeindeleben aufkommen.

In vielen Gesprächen mit Pfarrer Karl Bothe entstand der Plan, in Nordstemmen eine neue Kirche mit Pfarrzentrum zu erbauen. Das Bischöfliche Generalvikariat konnte von der Notwendigkeit eines Kirchbaues in der Diasporagemeinde überzeugt werden. Als 1965 in Nordstemmen ein neues Siedlungsgebiet ausgewiesen wurde, erwarb das Bischöfliche Generalvikariat die Bauplätze für Kirche und Pfarrhaus. Der erste Schritt war getan.

Schon im Februar 1965 tagte der Kirchenvorstand und faßte den Beschluß „in naher Zukunft in Nordstemmen eine Kirche und ein Pfarrzentrum zu bauen“. Zur finanziellen Unterstützung des Bauvorhabens wurde der Kirchbauverein ins Leben gerufen. Jahre vergingen, bis aus den Plänen Wirklichkeit wurde.

Das Bischöfliche Generalvikariat stellte 1968 Mittel für den geplanten Kirchbau bereit. Als Weihnachtsgeschenk gab der Bonifatiusverein am 13.12.1968 dem Pfarrer Bothe die Zusage, den Kirchbau mit 250.000 DM zu unterstützen.

Im Januar 1969 trafen sich Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat mit dem Diözesan­-oberbaurat Josef Fehlig in der Schule Poppenburg. Diözesanoberbaurat Fehlig legte den Gemeindemitgliedern seine Baupläne vor, und „alle Anwesenden waren mit den vorgelegten Bauplänen sehr zufrieden“, vermerkte der Protokollführer. Der Finanzierungsplan sah die Bausumme von 970.000 DM vor.

Noch am gleichen Abend wählte die Versammlung einen Bauausschuß aus Vertretern des Kirchenvorstandes, des Pfarrgemeinderates und des Kirchbauvereins.

Der Bauausschuß setzte sich zusammen aus:

Pfarrer Karl Bothe, Vorsitzender
Detlef Bock von Wülfingen, stellvertr. Vorsitzender
Marlis Bock von Wülfingen
Josef Kernbach
Maria Kernbach
Anton Conrady
Rudolf Laqua

Der Bauausschuß trat in der folgenden Zeit regelmäßig zusammen, um die Bauarbeiten aufmerksam zu begleiten.

Am 3. Juli 1969 versammelte sich die Gemeinde auf dem Baugelände im Siedlungsgebiet „Schratfeld“. Viele Gäste aus der Nachbargemeinde Schulenburg fanden sich ebenfalls ein, als Pfarrer Karl Bothe das Gebet sprach und den ersten Spatenstich auf dem Grundstück machte, auf dem die Kirche entstehen sollte.

Bald wuchs das Mauerwerk aus der Erde. Am 8. November, einem regennassen Herbsttag, konnte der Generalvikar, Prälat Adelbert Sendker, den Grundstein der neuen Kirche legen. Eine Tageszeitung, Geldmünzen und die Gründungsurkunde der neuen Pfarrkirche wurden in einer Metallhülse vermauert. Sturmböen und Regenschauer zwangen den Generalvikar, die Feier der Grundsteinlegung zu verkürzen. Schlechtes Wetter verzögerte die Bauarbeiten. Die für Dezember 1970 geplante Weihe der Kirche mußte um einen Monat verschoben werden.

Der 30. Januar 1971 war der Tag, auf den die ganze Gemeinde seit Jahres gewartet hatte. Bischof Heinrich Maria Janssen weihte das neue Gotteshaus und stellte Gemeinde und Kirche unter den Schutz des Erzengels Michael. Die Pfarrei erhielt den neuen Namen: Pfarrei St. Michael Nordstemmen. In den Räumen des Pfarrzentrums entfaltete sich bald ein reges Gemeindeleben.

8. Zum heiligen Michael

(von Heinrich Wiemeyer)

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und leer; Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ (Genesis, 1, 1-2)

Das Alte Testament will uns mit dem Bericht über die Anfänge des irdischen Kosmos zeigen, daß alle Dinge von Gott sind, durch Gottes Willen entstanden sind. Zu diesen kosmologischen Vorstellungen gehören aber auch andere Grunderfahrungen des Menschen, die sich auf die Existenz von Engeln beziehen und ebenfalls eng mit dem Mythos von der Erschaffung der Welt verbunden sind.

„Im Urbeginne schuf der Vatergott durch seine Kraft den Himmel, das gewaltige Firmament. Als dies geschehen war, bereitete er die Äonen und schuf den Engel, der da Saklithaboth genannt wurde, das ist der, „der aufstört Himmel und Erde“. Und der Vater setzte ihn über alle Engel und englischen Heere, und sie gehorchten ihm alle. Als zweiter Engel wurde Michael geschaffen, nach ihm Gabriel, Raphael und all die anderen Engel in ihrer Vielzahl. Dann kam die Stunde, da der Vatergott den Menschen schuf. Er gestaltete ihn nach seinem Sinne und setzte ihn in das Paradies - in den Garten der Engel und der himmlischen Geschöpfe.“ Weiter heißt es in dieser Schöpfungsgeschichte, die aus dem Koptischen stammt, Gott habe anschließend alle himmlischen Wesen aufgefordert, den neu geschaffenen Menschen zu verehren, aus Hochmut aber habe sich Saklithaboth geweigert. „Der Vater aber verkündete da vor allen Engeln, daß Saklithaboth mit dieser Weigerung alle seine Würden verwirkt habe - er solle hinfort nicht mehr der Erstgeschaffener heißen, sondern Saklam, der Zänkische, oder Mastema, der Böse. 

Daraufhin beauftragte er einen Cherub, dem Saklam einen F1ügel abzuschlagen und ihn auf die Erde zu werfen. Keiner aber war stark genug, den Bösen zu bekämpfen, außer Michael.

Dies alles geschah am 11. Athor um die 11. Stunde des Tages zur Zeit des Sonnenunterganges. Am Morgen des 12. Athor (8. November) versammelten sich alle Engel um den Thron des Vaters. Nun wurde Michael, der Zweitgeschaffene, anstelle des Erstgeschaffenen eingesetzt. Sein Haupt wurde mit dem Diadem des Lichtes geschmückt, seine Hände erfaßten den Stab der Wahrheit und der Aufrichtigkeit und seinen Füßen wurden die Schuhe des Friedens übergestreift. So wurde an diesem besonderen Tag Michael zum Fürst des Lichtes. ...Über das künftige Geschlecht der Menschen aber, über alle, die nach Adam kommen sollten, wurde Michael, der gute Engel, als Beschirmer und Beschützer gesetzt, als der, der allezeit die Bitten der Menschen vor Gottes Thron tragen konnte. Und der Vater erhöhte ihn auf den Lichtwagen, damit er die künftige Erde und auf zweiundsiebzig Länder, über die er gesetzt ist, besuchen kann. Und seine Aufgabe wird es sein, den Menschen die Ordnung und das Licht zu hringen und vor Gott für sie zu bitten.“

Wie in der Apokalypse erleben wir in diesem Text den Erzengel Michael als Engel, der als einziger in der Lage ist, dem Bösen zu widerstehen und das Böse in der Gestalt des Saklithaboth oder Luzifer aus dem Bereich des Himmlischen und Guten zu vertreiben.

Saklithaboth widersetzt sich dem Willen Gottes in bewußter Weise, Hochmut und Ungehorsam gegenüber dem himmlischen Vater sind die Vergehen, die zum Absturz führen; im Gegensatz dazu ist Michael die Personifikation des Gehorsams und der Stärke, des Urbildes der Urkraft, in dem Moment aber, in dem er von Gott  die Führerrolle über die himmlischen Heerscharen bekommt, werden ihm eine Reihe weiterer Attribute zuerkannt. Aufrichtigkeit und Wahrheit zeichnen ihn aus, er ist der Fürst des Friedens und vor allen Dingen auch des Lichtes, der eine Mittlerfunktion zwischen Gott und den Menschen erfüllt und diesen die göttliche Ordnung, jenem hingegen die Bitten der Menschen überbringt. „Michael ist der hohe Verwalter der kosmischen Intelligenz, die sich im Laufe der Bewußtseinsentwicklung der Menschheit im Einzelwesen zum eigenständigen, individuellen Denken entwickelt hat. Doch die Verbindung zum Kosmos, zur himmlischen Sphäre, ist immer vorhanden, wenn auch die Mächte des Bösen fortgesetzt versuchen, diesen Bezug zu stören.“ (Sandkühler, S. 14-15)

Die Vorstellung vom geflügelten Geistwesen , das als Himmelsbote sich den Menschen nähert, ist ein Urbild, ein Archetyp, der in fast allen Kulturen der Welt unter verschiedenen Bezeichnungen und Beschreibungen vorkommt. Solche Engel gehören der Mitte des ewigen Seins an, sie sind Teil der göttlichen Sonne und somit der Ewigkeit und Unendlichkeit. „Um das Zentrum der geistigen Sonne, in ihren Strahlen weiten sich die himmlischen Sphären. Als Gott nämlich sprach: Es werde Licht ! da entstand das Licht der Vernunft. Das sind die Engel. In konzentrischen Ringen kreisen die Welten der neun Engelchöre um den ewigen Mittelpunkt, in drei sogenannten Hierarchien zusammengefaßt. In diese Ordnung eingebettet, voneinander verschiedenen und dennoch verbunden, gleichen die unzähligen Engelscharen Spiegeln, die je nach ihrer Stellung in den unterschiedlichsten Facetten die  Strahlen der göttlichen Gegenwart auffangen, wiedergeben und vervielfältigen. Aus dieser Anschauung heraus schreibt Augustinus, daß Gott im Engel sei und sich durch ihn den Menschen zeige.“ (Ströter-Bender, S. 14)

Michael gehört der dritten Hierarchie der Engel an, wobei die Vorstellung zugrunde liegt, daß die Kraftströme, die aus dem dreifaltigen Leben Gottes fließen, die Grundstruktur der gesamten kosmischen Ordnung bilden und somit auch der Engelhierarchien. Die dritte Hierarchie bildet das Fundament des Himmelsgebäudes in der irdischen Welt. „In der Gebundenheit der Materie tragen die Mächte, die Erzengel und die Engel, die göttliche Liebe, Weisheit und Lebenskraft. ...In diesen Grenzbereichen zwischen Gut und Böse wirken die Engel der dritten Hierarchie mit dem Ziel, Liebe, Erkenntnis und Kraft den Seelen und Wesen zu bringen, die noch in der Dunkelheit leben, denjenigen Unterstützung zu geben, die nach dem Licht suchen.“ (a.a.o. S. 42-43)

 „Wenn Gott seinen Engel zur Seele sendet, so wird sie wahrhaft erkennend.“ Dieser von Meister Eckehard überlieferte Spruch verdeutlicht die Grundbezüge zwischen den Menschen einerseits und den Engeln im allgemeinen und Michael im besonderen. Die Botschaft der Engel bezieht sich auf die menschliche Seele, sie liefert eine Reihe von Erkenntnissen und Wahrnehmungen, die zu den Grunderfahrungen eines Menschen seit Jahrtausenden gehören. Von diesem Ansatz her kommt dem heiligen Michael seine aktuelle Bedeutung zu.

9. Bilderbogen

 

 

 

 

 

10. Unsere Pfarrer

Pfarrer Bothe

Karl Bothe

geboren am 19.07.1911
Priesterweihe: 20.12.1936
Pfarrer von St. Joseph Poppenburg vom 1.Januar 1957 bis 31.12.1970
Pfarrer von St. Michael vom 01.01.1971
gestorben: 11.09.1971

 

Pfarrer Biewer

Wilhelm Biewer

geboren am 02.09.1910
Priesterweihe: 23.02.1936
Pfarrer von St. Michael vom 28.11.1971
gestorben am 28.02.1973

 

Pfarrer Bentfeld

Johannes Bentfeld

geboren am 12.03.1911
Priesterweihe: 19.03.1941
Pfarrer von St. Michael vom 05.05.1973 - 03.05.1981
gestorben am 13.10.1981

 

Willibald Schirmeisen

geboren am 03.04.1928
Priesterweihe: 05.07.1953
Pfarrer von St. Michael vom 02.08.1981 - 30.09.1985

 

Pfarrer Malich

Josef Malich

geboren am 07.06.1934
Priesterweihe: 23.06.1957
Pfarrer von St. Michael vom 20.10.1985 - 1996
gestorben am

 

Horst-Dieter Albes

Pfarrer von St. Michael vom 1996 - 1999 

 

Pater Jan Peeters

Pfarrer von St. Michael vom 1999 - 2004

 

Pfarrer Kastner

Rudi Kastner

geboren 1952
Priesterweihe: 1986 
Pfarrer von St. Michael vom 01.02.2004 - 2009

 

Harald Volkwein

Pfarrer von St. Michael vom 2009 bis heute